Bräuche im Allgäu und im Kleinwalsertal

Funken- und Sonnenwendfeuer

Feuer, Zeichen des Lebens zwischen christlichem Glauben und vorchristlicher Zeit begleiten das Allgäu durch die erste Jahreshälfte.

Pünktlich zum Beginn der Fastenzeit, am Sonntag nach Faschingsende erleuchten Funkenfeuer an vielen exponierten Stellen des Oberallgäus den Nachthimmel. Der alemannische Brauch aus grauer Vorzeit vertrieb den Winter, symbolisiert durch eine Strohhexe, und sollte böse Geister abwehren. Andere Überlieferungen schreiben ihm Fruchtbarkeitsriten und keltische Brandopfer zu. Heute ist das Funkenfeuer ein geselliger und optisch reizvoller Anlass. Obendrein beschert es Gaumenfreuden in Form von süßen „Funke-Kiechla„, die zum Funkenfeuer einfach dazugehören.

Sommersonnwendfeuer – am 21. Juni, dem längsten Tag und der kürzesten Nacht des Jahres strahlen erneut riesige Feuer in der Frühsommernacht. Entstanden aus Hoffnungen, Ängsten und Sehnsüchten der Menschen sollte das Sonnwendfeuer Mensch, Tier und Saat magische Kräfte verleihen. Als Sicherung, die kommende Kälte und Dunkelheit der Wintermonate zu überstehen.

Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Johannisfeuer ausschließlich eine Sache der heranreifenden Jugend. In den Tagen vor St. Johannes (24. Juni) sammelten die Buben des Dorfes allerlei Brennbares und brachten es auf meist weithin sichtbare Erhebungen.

Alles überragend lodert es in Hirschegg im Kleinwalsertal. 1000 Stück Holz geben dem Feuer Nahrung und dem Funken die stolze Höhe von fast 30 Metern. Besonders reizvoll: Man kann ihn, natürlich nur vor dem Anzünden, von innen auf einer Wendeltreppe begehen.

Die Feuer im Allgäu-Walser-Land sind immer willkommener Anlass zu gemütlichen Abenden im Freien, mit Musik, Tanz und Bewirtung bis in die späte Sommernacht hinein.

Funken im Allgäu - Sonnenwendfeuer nach Fasching

Funken in Rauhenzell

Erster Sonntag in der Fastenzeit

Hören wir heute Funkensonntag, so ist der erste Gedanke das Abbrennen eines Funkens. Dieser Brauchtum, der aus Vorarlberg und dem Allgäu stammt, war im Kleinwalsertal bis vor einigen Jahren nicht üblich. Bei uns brannte am 11. März 1995 der erste Funken in Mittelberg – Moos, errichtet von der Landjugend. Im Jahr 2003 wurde inzwischen der 8. Funkenturm vom Funkenverein Kleinwalsertal aufgestellt.

Bei uns hatte der Funkensonntag früher andere „Aufgaben und Gesetze“.
„Guurasche bached Chüachle“, sagt ein altes Sprichwort und dieses konnte früher mitunter wörtlich genommen werden. Courage brauchten beide Seiten, sowohl die Jungfrau, welche die Chüachle backte, als auch der Nachbar, der dem Geruch nachgehend, mit ausgedachten Kniffen die duftende Schüssel ausführen wollte.
In den Abendstunden brauchte es dann nochmals Schneid, um den Funkenschnaps oder den Funkenliter zu stibitzen.
Wie schon bei den „Schpiillüüt“, der wichtigsten Faschingsveranstaltung vermerkt, kamen die genannten Pärchen am Funkensonntag noch einmal zum Zuge.

Nach dem Vormittagsgottesdienst traf man sich beim Dorfwirt, der seinen Gästen als sogenannte Jahresgabe Funkenschnaps und Funkenküchle servierte.

Auch die Mädchen buken „Fonkachüachle“, die aber schon tagsüber manchmal unerwünschte Abnehmer fanden und „entführt“ wurden. So hatten sie nicht nur den Spott, sondern mussten nochmals ein Quantum nachbacken, damit der auf den Abend erwartete Besuch auch noch zu seinem „Sächle“ kam.

Der Faasnachtkärle, also der aktive Fastnachttänzer, kam am frühen Abend zum Dorfwirt und fasste einen Liter Wein aus. Den trug er an einer Schnur über die Schulter zu „seinem Mensch“. Andere, schneidige Burschen versuchten nun, ihm die Flasche abzujagen und es kam oft zu recht derben Auseinandersetzungen und zum mutigen Versuch eines „Hosalupfes“. Da wurde dann so manches Bürschlein, das noch nicht einmal den „Schnuuz“, das Reifezeugnis unter der Nase trug, „uusghooba“ und musste den Mädchenbesuch auf eine ruhigere Zeit als den Funkensonntag oder Ostermontag verlegen.

Der ersehnte Besuch „ihres Kerles“ zählte für die junge Walserin zu den schönen Nachfreuden und es war oft ihr sehnlichster Wunsch, dass diese neue Bekanntschaft auch weiterhin blühen soll. Dieser Bursche wurde gerne eingelassen, er war auch der erste, der den hinterm Ofen gärenden Funkenschnaps probieren durfte und bestens bewirtet wurde. Bei diesem offiziellen „z Hängert goo“ erhielt der „Faasnachtkerle“ für die erwiesene „Spiillüütbewirtig“ ein schönes Geschenk. Es war meist ein weißes Hemd, eine Uhrenkette, eine Krawatte oder ein zierlicher Stammkrug, was man als „Faasnachtchroom“ bezeichnete und den er dann mit Stolz seinen Freunden zeigte.

Andere „Neider“, meist aber nur der Gaudi halber, kamen ebenfalls zum Kammerfenster der Jungfrau und bettelten auch um eine Gabe.

Das war dann das sogenannte

„Schnapsbättla“

Der Funkensonntag, aber ebenso auch der Ostermontag, war also früher einmal ein wichtiger Termin eines jeden jungen Walsers. Nach alter Überlieferung gingen die Burschen an diesem Abend zu den Mädchen „zum Schnapsbättla“.
Auf die oft wirklich herzerbärmlichen Gesänge mit dem „Schpraachverkeera“, wie „Jöngferle, Jöngferle, gib mir au as Schnäpsle“, wurde so manches Fensterlein geöffnet. Der fröhliche Plausch wurde allerdings durch andere Nachtbuben gestört, besonders wenn diese aus den Nachbarorten waren. Am anderen Tag war es der Stolz der „Heimkehrer“, wer mehr Schnapsbolla aus seiner Hosentasche aufzeigen konnte.

Der Schnaps, den die Jungfrau an diesen Tagen den Besuchern ausschenkte, war aber kein normaler Obstler oder Enzianer, nein da gab es nur den „Bollaschnaps“ – und der hatte es in sich! Die Mädchen haben den Bollaschnaps schon einige Wochen vorher angesetzt, das heißt die Früchte mussten den Alkohol so richtig „uufgsuuged haa“.
Wenn es der Fall sein sollte, dass die jungen Walserinnen das Rezept nicht mehr wissen, hier ist ein

„Altes Rezept für Bollaschnaps“

„Man nehme – so man hat – eine erkleckliche Zahl gedörrter Chriase (Kirschen), eine ziemliche Handvoll Weinbeeren, mehrere Zimtstengel, etliche Quint Nelken und noch mehr gestoßenen Zucker, mache nach Sonnenuntergang (und am besten in einem Feuerzeichen!) einen kräftigen Absud von etwa dreiviertel Liter Extrakt und gieße schließlich ein gutes Viertel Obstbranntwein hinzu. Das ganze dann ein paar Wochen hinter dem Ofen gären lassen, soll gar begehrt sein, doch ist erhöhte Wachsamkeit vor Diebsgefahr rätlich.
So ein köstlich Tränklein, zur gewissen Stund und mit lieblichem Gedächtnis gebrauet, soll an bestimmten Kalendertagen ausgeschenkt, gar manchem Mägdelein zu einem Männlein verholfen haben“.

Noch ein Rezept aus dem Jahre 1979.
Zutaten: 1 Glas Schattenmorellen, ca. 100 g Rosinen oder Korinthen, Zucker, Zimt, Vanillezucker, Nelken und 1 Liter Obstler.
Zubereitung: Kirschen (ohne Saft), die gewaschenen Rosinen, auch Korinthen in ein 1 ½-Liter-Gefäß geben; den Kirschensaft mit 2 Esslöffel Zucker (nach Geschmack), 1 Stange Zimt, ein par Nelkenkörner, 1 Päckchen Vanillezucker, evtl. 1 Gläschen Rum aufkochen lassen, dann zu den Früchten gießen. Zuletzt gibt man den Obstler dazu.
3 Monate ziehen lassen, die richtige Zeit zur Zubereitung ist also der November, dann ist das vielbegehrte Getränk für den Funkensonntag und Ostermontag gerade rechtzeitig fertig.

Also dann – ihr Jöngferle, macht euren eigenen Bollaschnaps, und ihr Buben, vergesst nicht – diesen abzuholen!

Herz-Jesu-Feuer

Diese Bergfeuer, welche man hier im Tannheimer Tal Herz-Jesu-Feuer nennt, werden jedes Jahr am zweiten Wochenende nach Fronleichnam (4. und 5.Juni 2005) entzündet und gehen auf die Wiederstandskämpfe während der Franzosenkriege zurück. Die Feuer-Plätze sind oft seit Jahrzehnten die gleichen, die Figuren seit Generationen vererbt.

 

Weitere Termine

1. April

Als besonderen „Narrentag“ kennt man den 1. April schon seit dem Jahr 1631, er dürfte aber schon viel älter sein. Das in den „April schicken“ wird auch im Kleinwalsertal schon sehr lange gemacht und es gilt auch bei uns der Spruch: „Wer auf Narren blickt, der wird in den April geschickt“. Neben größeren, teilweise auch kostspieligeren Aprilscherzen schickt man die Schulkinder in die Apotheke um zu holen: Ibidum, Kräbsbluat, grade Häckle, dörrta Schnee, Näbeltränner, Sonnabohrer, schwarze Kriida und noch Vieles mehr.

Jörgatag - 23.4.

Jeder der vier Jahreszeiten kannte früher ihre traditionsbestimmten Lostage, welchen im bäuerlichen Wirtschaftsleben eine gewisse Bedeutung zugemessen wurde.

Ein solcher gewichtiger Zeitpunkt war der „Jörgentag“ am 23. April. Weniger wegen des vor schon sechzehnhundert Jahren, am 23. April 303 unter dem römischen Kaiser Diokletian erlittenen Märtyrertod des tapferen Ritters und Drachentöters St. Georg, besteht ein Zusammenhang mit dem Bauerntum, als wegen des Zeitpunktes, der das Ende des Winterhalbjahres und den Anfang des Sommerhalbjahres bedeutet. Wichtig genug auf den Bauernhöfen schon wegen des Dienstboten- Wechsels an diesem Tage, allwo die Knechte und Mägde ihren Winterdienstplatz verließen und für das Sommer-Halbjahr gedungenen Arbeitskräfte am neuen Dienstplatz antraten. Auch für die jahraus jahrein am gleichen Hof tätigen Angestellten winkte mit dieser Zeitwende eine wesentliche Entlohnung, die der Dienstherr als Selbstverständlichkeit akzeptieren mußte. Witzige Nachbarn veranlassten beim Abschied der Wintermägde in der Abenddämmerung ein sogeanntes „Ausschellen“ mit Kuhglocken.

Für manchen überschuldeten Bauern wog der Jörgentag finanziell bitterer, denn da mussten diverse Halbjahreszinsen entrichtet werden. Auf Jörgentag erhofften ferner die Handwerker und Handelsleute auf den fälligen Eingang von Guthaben aus der über die Winterszeit angelieferten Waren und mancherlei Leistungen.

So sahen also unsere Stände, die Bauern, die Handwerker, die Händler und nicht zuletzt die Dienstboten dem Wendepunkt „Jörgentag“ dem einen willkommen, dem anderen mit Besorgnissen entgegen!

Markustag - 25.4.

Am Markustag war früher stets eine Prozession.

Die Mittelberger und Hirschegger kamen nach Riezlern und es wurde eine Messe gelesen. In Riezlern ging die Markus – Prozession zur Kapelle in Unterwestegg.

Fronleichnam

Das Fronleichnamsfest ist in der zweiten Woche nach dem Pfingstfest. Das altdeutsche Wort Fronleichnam heißt „Des Herren Leib“ und eine Fronleichnamsprozession gibt es seit mehr als 700 Jahre.

In unserem Tal wird Fronleichnam bis heute ebenfalls ganz groß gefeiert und ist eines der schönsten Feste des ganzen Jahres. Der Ablauf des Fronleichnamsfestes war folgend. Die Musikkapelle der einzelnen Ortschaften beginnt bereits früh am Morgen mit dem Weckruf und Böller werden geschossen.

Am Vormittag geht die Prozession dann von der Pfarrkirche weg, auf einer bestimmten Strecke. Die Häuser, an denen sie vorbeiführt, sind beflaggt.

An der Prozessionsstrecke werden vier Altäre aufgebaut, an denen dann der Anfang aus einem der vier Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) gesungen wird.
Den Zug führt „Kreuz ond Foona“ an, dann folgt die Musik,

die Schulkinder – „Chranzmaika“ (Kinder und Ledige), Fahnenträger: Jungfrauen-, Jünglings-, Frauen- und Männerfahne, Trägerinnen der „Geheimnisse“ mit Chranz, Plätteleschgürtl, Schälkle, Halstüchle und Rosenkranz, „Muttergottesträgerinnen“: Chranz mit blauen Bändern, Plätteleschgürtl, Schälkle, blaue Schürze, Halstüchle, Rosenkranz.

In Mittelberg: auch goldbestickte Bänder und auch hell-geblumte Schürzen.
Die Schützen – sie halten am Wochenende davor ihr Schießen und ermitteln König, Königin und den Jungschützenkönig. Bei der Prozession geht das Schützen-Königspaar im Orte des Königs bei der Prozession mit der Fahnenabordnung mit.

Dann folgen die Ministranten Pfarrer mit Monstranz unter dem „Himmel“.

Himmelträger sind vier Männer mit Dreispitz, Hellebardenträger, Tracht mit Dreispitz, Kirchenchor, Frauen und Männer.

Johannistag und Johannisfeuer - 24.6.

Johannes der Täufer wirkte einst als Bußprediger kurz vor dem Auftreten Jesu in der Jordanebene. Er taufte den Heiland und fand auf Betreiben des Herodes Antipas den Märtyrertod. Unter den vielen Heiligen ist er der einzige, bei dem wir nicht den Todestag, sondern den Geburtstag feiern.

Viele Volksbräuche verbinden sich seit alters her mit dem Ehrentag Johannes der Täufer und viele davon gehen noch auf heidnische Überlieferung zurück. Später haben sich dann andere Bräuche um das Johannisfest gebildet, welches man dann als christliches Sonnwendfeier beging. Von zahlreichen Bergen, besonders im Südosten des Landes, flammen am Vorabend des 24. Juni die Johannisfeuer auf. Junge Menschen springen über die Flammen und dieser Sprung durch Feuer und Rauch verheißt Treue und eine glückliche Ehe.

Bei uns im Kleinwalsertal gibt es diese Bergfeuer auch seit über 60 Jahre und man sagt teilweise, es sei das „Sommer- Sonnwendfeuer“. Dies stimmt aber nicht, denn Sonnwende ist ja am 22.6. und bei uns heißt es ja auch „Johannesfeuer“!
Es wird zu Ehren Johannes des Täufers (24.6.) am Vorabend von „Santihanstag“, also am 23.6. angezündet. Auf die näheren Berggipfel (Schlappold, Gehrenspitze, Kühgehrenspitze, Hammerspitze, Bärenkopf und Walmdeningerhorn) wird Holz und Brennmaterial von den Burschen getragen und dann bei Dunkelheit abgebrannt.

Man glaubte früher allgemein, dass am Johannistage die gesamte Natur segensvoll verändert sei, besondere Heilkraft schrieb man dem Wasser zu, das man am 24. Juni holte. Kränze aus neunerlei Blumen wurden unter der Zimmerdecke aufgehängt, damit wollte man Glück für das ganze Jahr auf das Haus ziehen. Wer ein Leiden hatte oder einer Krankheit vorbeugen wollte, wusch sich bei mitternächtlichem Glockenschlag schweigend in einer Quelle. Manch einer geht noch heute zur Mitternacht an einen Kreuzweg, um dort das glückbringende Johanniskraut zu finden.