Viehscheid im Allgäu - Viehscheid Termine - Viehscheid Lexikon
|
|||
Viehscheid im Allgäu ist Festzeit in den Gemeinden | |||
Wenn im September rund 30 000 Rinder von den saftigen Bergweiden in den Allgäuer Alpen ins Tal zurückkehren, werden sie von mindestens doppelt so vielen Menschen freudig erwartet. Das sind zum einen die Landwirte, die ihr Jungvieh den Sommer über einer Alpgenossenschaft anvertraut haben und die Tiere nun wieder in ihren Stall bringen. Der weitaus überwiegende Teil aber sind Gäste, die den traditionellen Allgäuer Viehscheid mit den Bauern als großes Volksfest feiern.
Nach dem Märchenschloss Neuschwanstein und den Alpenpanorama ist das Bild der dampfenden Herden mit ihren geschmückten Leittieren auf dem Weg zum Scheidplatz das beliebteste Fotomotiv der Feriengäste im Allgäu. In den zwei Wochen vom 9. bis zum 23. September herrscht Hochsaison in 30 Orten entlang der Alpenkette zwischen Bodensee und Königsschlössern. Allein den größten Viehscheid der Region in Bad Hindelang erleben alljährlich rund 20 000 Besucher mit. Sie alle warten am frühen Morgen auf den von Glockengeläut und Hufschlag begleiteten Einzug der Herden. Diese Form des Alpabtriebs gibt es nur in den Allgäuer Alpen. In Oberbayern wird das Ende des Bergsommers eher im Stillen als Familienfest gefeiert. Im Allgäu gehört ein Großteil der Bergweiden seit Alters her den bäuerlichen Genossenschaften. Die Flächen weit über die Waldgrenze hinaus bis in die alpinen Hochlagen sind so riesig, dass die Grundbesitzer nicht nur ihr eigenes Vieh auftreiben, sondern auch Jungtiere von Bauernhöfen im Alpenvorland zur „Sommerfrische“ in Pension nehmen. Seit vielen Jahren grasen nach Angaben des Alpwirtschaftlichen Vereins in Immenstadt rund 27 000 Stück Jungvieh und etwa 3000 Milchkühe auf den Hochweiden. Die Kühe liefern die Milch für den Allgäuer Bergkäse, der von den „Älplern“ in kleinen Sennereien täglich erzeugt wird. Die Alpenkräuter im Futter machen diesen Käse besonders würzig. Der gute Wuchs der alpinen Vegetation hat unter der Hitzewelle im Juli kaum gelitten. Bis Ende Juni waren große Altschneefelder erhalten geblieben, die in den folgenden Wochen Bäche und Rinnsale nicht versiegen ließen und auch Schmelzwasser zur Tränke des Viehs lieferten. Nach drei Monaten im Gebirge ist das Jungvieh nicht nur kräftig heran gewachsen. Es hat sich im rauen Klima der Alpen auch ein dickes Fell zugelegt. Die Eigentümer, die ihre Tiere Anfang Juni in die Hände von erfahrenen Hirten gegeben haben, würden die Rinder kaum wiedererkennen. Die „Älpler“ aber haben die Herden täglich gehütet und den Aufwuchs beobachtet. Sie kennen jedes einzelne Stück. Jetzt beim Viehscheid sind sie in der Lage, die Tiere ohne Blick auf die Ohrenmarke aus der Herde auszuscheiden und ihren Besitzern zurück zu geben. Daher rührt auch der Name Viehscheid. Besonders stolz sind die Hirten, wenn sie ihre Herde gut gepflegt und ohne Verlust zurück ins Tal treiben können. Dann schmücken sie das Gehörn des Leittieres mit einem aus Latschen und Blumen geflochtenen Kranz, der zum Entzücken der Zuschauer ein tolles Motiv für die Kamera liefert. In den meisten der 30 Orte, in denen ein solches Ereignis gefeiert wird, haben die Veranstalter Festzelte aufgestellt. Um sie herum gesellen sich hier und da Verkaufsstände und Jahrmarktsbuden. Wenn die Hirten ihre Arbeit am Scheidplatz erledigt haben, die Tiere auf die Anhänger verladen und fertig sind zum Transport in den heimischen Stall, dann treffen sich die „Älpler“ mit den Bauern in den Zelten, wo um diese Uhrzeit zumeist schon Tausende von Besuchern bei Stimmungsmusik schunkeln und anstoßen. Nach dem entbehrungsreichen Sommer hoch droben im Gebirge lassen sich die Hirten die erste Maß Bier seit Monaten schmecken, ehe vor dem großen Festabend der letzte „offizielle“ Teil des Viehscheids beginnt. Nach alter Tradition nämlich werden die besten Hirten mit großen Kuhschellen ausgezeichnet. Obwohl die Männer solche Schellen den ganzen Sommer über in ihrer Nähe und ihre Geläut in den Ohren hatten, sind diese beim Viehscheid verliehenen Stücke unter den „Älplern“ besonders begehrt. Wie geht der Viehscheid von statten? Die letzten Tage vor dem Alpabtrieb sind besonders arbeitsintensiv. Die großen Zugschellen werden auf Hochglanz poliert, deren Fransen gebürstet, die bei den wertvollen Schellen aus echtem Dachshaar sind, und für die Herde werden kleine Sträuße als Kopfschmuck gebunden. Beim Alpauszug selbst kommen viele fleißige Helfer zur Unterstützung auf die Alpe. Die Tiere werden in den Stall getrieben und angebunden. Dort tauschen die Helfer die Weidschellen gegen die geputzten Zugschellen aus. In aller Frühe mit den ersten Sonnenstrahlen beginnt der Abtrieb von der Alpe. Im Tal auf dem Scheidplatz werden die Rinder und Helfer schon meist sehnsüchtig erwartet. Die Tiere müssen nun wieder aus der Herde sortiert und ihrem rechtmäßigen Eigentümer übergeben werden. Dabei kennt der Älpler „seine“ Tiere ohne auch nur einen Blick auf die Ohrmarke zu werfen. Der Tag klingt mit einem Scheidball im Festzelt zu Ehren der Alphirten und Alpmeister bei zünftiger Musik aus. Warum trägt das Vieh so große Glocken um den Hals? Die sogenannten "Schellen" sind speziell für die Viehscheide gefertigt, werden nur an diesem Tag getragen und den Tieren bereits am Vortag des Viehscheids umgelegt, was bei einer Herde von 100 Stück Vieh entsprechend zeit- und arbeitsaufwendig ist. Seit dem ersten Alpabtrieb, der in der Region etwa um 1900 stattfand, tragen die Tiere traditionell als Festschmuck größere Schellen als auf der Weide. Warum tragen mache Kühe eine Kopfschmuck, andere aber nicht? Wenn der Sommer auf der Alpe ohne Unfall oder Verlust eines Tieres verlaufen ist, führt der Hirte ein so genanntes Kranzrind vor der Herde am Halfter. Der Älpler, also der Hirte wählt er zum Ende des Sommers das schönste Rind aus der Herde zum Kranzrind. Traditionell ist das ein Stück Braunvieh mit der durchgehenden markanten braun-beigen Färbung. Neben Fichtenzweigen und bunte Bergblumen, die die Krone bilden, ist oft auch noch ein Kreuz oder ein Spiegel in den Kopfschmuck gebunden. Das Kreuz steht für den Schutz Gottes und der Spiegel soll böse Geister erschrecken und abwehren. |
weiterführende Informationen zum Thema in "www.dein-allgaeu.de" | |
Viehscheid im Allgäu - das Portal mit allen Informationen zum Thema Warum wird der Viehscheid im Allgäu so gefeiert? Alphorn - mehr als nur Brauchtum im Allgäu |
Bräuche und Traditionen im Allgäu Älpler Golf - Notwendigkeit zum Schutz der Wiesen Bildbericht Viehscheid Maierhöfen 2007 Bildbericht Viehscheid Stiefenhofen 2007 |
zuletzt geändert: |